Streifenweise.
Wir Menschen haben ein komplexes Verhältnis zu Streifen. Schmutz- oder Schmierstreifen sind unerwünscht, Streifen wie im Regenbogen entlocken uns ein „Ah!“, Klebestreifen finden wir praktisch, Polizisten auf Streife geben uns Sicherheit, Filmstreifen unterhalten uns, Grenzstreifen sind out, Streifentapeten sind in, den Blick streifen lassen bringt Erkenntnis. Was aber passiert, wenn Streifen Überhand nehmen? Wenn sie wie bei Mark Tunkel beginnen, die Welt zu dominieren? Wenn sie durchdringen, stützen, emporschießen, verdecken, das Wesen der Dinge sind?
Streifen arbeiten sich durch den Untergrund und münden in einer Ruine in einer zerbombten Stadt (Cable), ver- und enthüllen einen Raum (Gap), ummanteln einen Wassersog (Feed), wohnen in Mündern (Lost door), erobern Zwischenschichten (Blanket), schießen aus Militärstiefeln in die Luft empor (Acceleration), tragen Smokings (Stereos) oder stützen Dächer (Vertical field). Ihre bunte und unregelmäßige Erscheinung täuscht, denn Streifen sind Weitermacher, sind per se auf Expansion ausgelegt.
Wenn man sie wie Mark Tunkel gewähren lässt, unterminieren sie unsere Wahrnehmung. Als abstraktes Element kollidieren sie mit konkreter Umgebung, als Displacements bringen sie konventionalisierte Lesearten ins Trudeln. Gleichmütig erhalten sie zunächst bekannte Strukturen fragmentarisch, bis sie ihre eigene Strukturalität exponieren können. Sie zeigen, was passieren kann, wenn Gewissheiten durch Auslassen von Bekanntem und Hinzufügen von Unerwartetem ausgehebelt werden. Beharrlich beweisen die Streifen, dass die Welt nicht hermetisch ist, indem sie eine neue Hermetik anstreben. Das macht sie gefährlich, hätten sie nicht einen ebenbürtigen Gegner: Punkte …
Iris Schröder